Anna denkt nach, Anna schreibt, Miniaturen

Überforderung oder Faulheit?

10. März. Sonntag. Erster Fastensonntag (Invocabit/Invocavit). Wie macht es sich? Es macht sich so gut, dass mir fast ein wenig graut, heute, am „fasten“brechenden Tag tatsächlich die mehr als 50 kürzeren und längeren Texte lesen zu „müssen“, die sich seit Mittwoch angesammelt haben. 50 Texte in vier Tagen. An 50 Texten lese ich ja Stunden, das geht nicht, und das will ich auch nicht.

Es ist interessant, wie schnell ich die Einschränkung als Bereicherung empfinde, es war also wohl dringend nötig, etwas Abstinenz zu üben. Handle ich damit noch im Sinn der Fastenzeit, die ja Verzicht bedeutet? Ich sollte abwarten, um das zu beurteilen, vermutlich bin ich einfach noch im anfänglichen Fasten-Hoch, in der Euphorie des Neuen.

Nun heißt ja aber „fastenbrechen“ nicht „alles nachholen, was ich versäumt habe“, sondern „tun, was man sonst nicht tut“. In meinem Fall also: Ich erlaube mir heute, Texte zu lesen, den Kopf zu füttern. Wenn er nicht will, muss ich aber nicht.

Der erste Fastensonntag ist Zeit innezuhalten, sich zu besinnen: auf das Gute, das einem passiert ist in der letzten Woche (und darüber hinaus), auf die Dinge, für die man dankbar ist, auf die Dinge, die einem Kraft geben, auf besondere Menschen, Orte und Handlungen.

Meine Besinnung wird heute gestört durch einen Alptraum, den ich heute Nacht hatte und der mich nicht so recht loslassen will, denn er handelt letztendlich von einem inneren Dilemma, das mich gerade umtreibt.

In den letzten Tagen habe ich hier über mein inneres Glücklichsein und meine generelle Zufriedenheit mit meinem Leben geschrieben. Was die Freundin gestern von E. erzählt hat, bringt mein Selbstbild ein wenig ins Wanken: Ich habe den Anspruch an mich selbst, für andere Menschen da zu sein, ihnen nach Möglichkeit selbstlos zu helfen. Die Selbstlosigkeit hat aber sehr enge Grenzen, wie ich jetzt gerade, auch mit der Freundin, feststellen muss.

Bin ich also so relativ glücklich, weil ich „schwierige“ Beziehungen ziemlich konsequent vermeide? Ist das Selbstschutz? Oder doch einfach nur Egoismus?

Im Fall der Freundin könnte ich mehr tun. Das würde aber Zeit- und Kraftaufwand bedeuten. Zeit und Kraft, die mir dann woanders fehlen, im wesentlichen bei meiner Arbeit. Da aber meine Arbeit meine materielle Existenz sichert (wenn auch mehr schlecht als recht, aber immerhin), sollte dann nicht mein oberstes Ziel der Erhalt dieser Arbeitskraft sein? Ich tue ja auch nichts, was mein Augenlicht gefährden würde oder bei dem ich mir die Hände so schwer verletzen würde, dass ich nicht mehr arbeiten könnte. Gilt das dann nicht auch für Faktoren wie Übermüdung, Stress und psychische Kraft?
Auch im Fall des E. könnte ich mehr tun, auch wenn ich im Moment nicht mal genau weiß, was eigentlich. Aber ich könnte mich zumindest schlau machen, den Kontakt suchen, versuchen, Hilfe(n) zu organisieren, Impulse zu geben – was auch immer. Auch das würde Zeit und Kraft kosten.

Kann ich das leisten?

Ich bin schnell dabei zu sagen: Nein, das geht über meine Kräfte, ich tue schon genug.
Zu schnell? Ginge nicht doch noch ein bisschen mehr?
Der ewige Zwiespalt und Selbstzweifel.

Lösen lässt sich das nicht, ich muss aber darauf achten, wach zu bleiben und immer wieder hinzusehen: Geht das wirklich nicht, oder suche ich nur eine Ausrede aus Bequemlichkeit?
Verlange ich zuviel von mir, oder leiste ich nicht genug?

*******

Früh zum Bäcker, damit ich noch Kuchen bekomme, dabei K. an der Bushaltestelle getroffen. Kurzer Schwatz, der Busfahrer macht so lange den Motor aus. Dorf.
Eine längere Erklärungsmail an den Kunden mit der privaten Homepage, dann Browsertabs aufgeräumt, geduscht, Betten bezogen, Wäsche gewaschen.
Nach dem Frühstück Kellerbegehung und Regalplanung. Reminder: Nächstes Mal vielleicht erst messen und dann passend kaufen statt kaufen, weil es billig ist und dann überlegen, wo man das hinstellt…

Nachmittags kommt die Freundin zum Kaffee und bringt auch noch Kuchen mit. Wir schlemmen!
Sie scheint momentan ganz zuversichtlich, das macht es auch für mich leichter. Ich begleite sie noch heim und gehe im strömenden Regen zurück.

Danach doch noch „Fastenbrechen“: Ich lese in eindreiviertel Stunden meinen Feedreader praktisch leer. Der Rest muss bis nächste Woche warten.

Zwischenbericht aus dem Garten: Iris und Schneeglöckchen sind langsam durch, auch die hellgelben Krokusse liegen in den letzten Zügen, nur die lilafarbenen blühen noch kräftig, ebenso der Winterling. Die ersten Traubenhyazinthen und Veilchen sind auf, die Mini-Narzissen blühen seit einer knappen Woche. Auf der Wiese erscheinen immer mehr Gänseblümchen. Forsythie, Mandelbäumchen und Zier-Johannisbeere stehen kurz davor, die Knospen zu öffnen. In anderen Gärten sehe ich blühende Märzenbecher und große Narzissen.

Woran ich mich erinnern will:
Wenn der Tag schon damit anfängt, dass Du Dir auf dem Klo den Zeh am Türrahmen anrennst, dann sei besonders vorsichtig. Sonst muss nachher noch Deine Lieblingstasse dran glauben… 😦

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