Anna denkt nach, Anna schreibt, Miniaturen

Teenager

27. Mai. Montag. Großes Auf und Ab der Gefühle wegen des Vogelnestes: Gestern flog das Küken erstmals mehrfach in den benachbarten Baum, wurde von den Eletren aber jedesmal wieder zurück ins Nest gelotst – nur um  wieder zu verschwinden, sobald sie außer Sicht waren. Pubertät eben.

Gestern Abend nun war es plötzlich verschwunden, saß nicht im Nest aber auch nicht im Baum, auch nicht im nächsten, soweit ich sehen konnte. Oha.

Heute Morgen kam die Mutter wie immer gegen halb sechs zum Nest zurück. Zum immer noch leeren Nest. Die Alte schaut und horcht und ruft. Nichts. Ich mache mir Sorgen und vergieße ein paar Tränen für das Küken, denn ich bin sicher: Das war zu früh, ihm ist etwas geschehen, vielleicht hat es die Nacht verängstigt unter einem Auto gehockt, und am Boden hat es keine Chance gegen Katze, Hunde, Füchse, Marder, Menschen. Auch scheinen ja die Alten nicht zu wissen, wo es ist.
Schrecklich.

Die Eltern kommen über den Tag verteilt abwechselnd vorbei, sitzen eine Weile am Nest oder im Baum, rufen, warten. Nichts. Oh je.

Irgendwann kommen sie nicht mehr. Das war’s dann jetzt wohl.

Ich sitze wie gewohnt am Rechner und versuche mich, auf die Arbeit zu konzentrieren, was agr nicht so leicht fällt, als plötzlich etwas in den Blumenkasten rauscht. Etwas verdutzt und zerzaust schaut es mich an: Das Scheißerchen! Es ist wieder da!

Es stakst ins Nest und lässt sich regelrecht reinplumpsen. Man sieht ihm an, dass es erschöpft ist. Aber es sieht auch selbstbewusster aus, erwachsener. Statt sich wie sonst bei meinem Näherkommen aufzuplustern und zu drohen, schaut es mich nun lässig an, blinzelt gelassen und kuschelt sich zurecht. „Siehst Du,“ scheint es zu sagen, „ich komme bestens klar!

Nach einem Stündchen Ausruhen fliegt es wieder weg, aber nur bis in den übernächsten Baum, und dort sehe ich die Alten, und nun gibt es endlich mal was zu essen, und die Familie ist vereint und fliegt nach einer Weile gemeinsam weg.
Puh.

Woran ich mich erinnern will:
Mit dem Schlimmsten rechnen und das Beste hoffen.

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