30. Juli. Dienstag. Interessantes Gefühl beim Aufwachen, als hätte ich im Tropenhaus des Botanischen Gartens geschlafen: Ich bin klatschnass, die Luft ist Suppe und keinesfalls zum Atmen geeignet. Nur der Geruch nach Erde, nassem Grün und süßen Blüten fehlt. Stattdessen riecht es nach Chlor, das kommt hier öfter vor, ebenso wie der intensive Geruch nach Waschmittel an manchen Tagen. Gibt es hier irgendwo noch eine Großwäscherei?
Später am Tag wird es angenehmer, die Luftfeuchtigkeit sinkt von 81% auf verträgliche 56%, der versprochene Regen bleibt wieder mal aus.
Eine der neuen Pflanzen im Blumenkasten stirbt, möglicherweise habe ich es mit dem Angießen zu gut gemeint. Vielleicht hatte sie auch einfach einen Schlag. Ich habe zur Sicherheit die letzten grünen Triebe abgeschnitten, vielleicht lassen sich daraus noch Stecklinge ziehen. Ansonsten muss Ersatz her.
Das EuGH-Urteil zum Facebook-Like-Button beschäftigt meinen Teil des Internets und einige meiner Kundinnen, die sich schon entspannt zurücklehnen – uns betrifft das ja nicht –, dabei sind die Implikationen und wie weit sie über den Like-Button hinaus reichen ja noch gar nicht klar (Stichworte Tracking, Cookie-Consent, Opt-In etc.). Gibt es eigentlich in anderen großen europäischen Ländern eine vergleichbare Abmahnindustrie und -angst wie in Deutschland? Dass man als Webseitenbetreiber ohne Fachanwalt an seiner Seite immer das Gefühl haben muss, mit einem Bein im Knast zu stehen?
Ein Angebot für einen „Designer“ für eine WordPress-Website geschrieben, der seinen Lebensunterhalt damit verdient, mit meinen Templates statische Websites zu basteln und von der Funktionalität eines CMS keine Ahnung hat und sich auch nicht interessiert: „Aber warum ist das so viel teurer als sonst die Templates? Das Design ist doch gar nicht so anders!“ Seufz. Ja, warum ist die Steuerung für die Lichtanlage eines Theaters komplexer als ein Lichtschalter?
Immerhin kann ich das Angebot nutzen, mir endlich eine Art Template für vergleichbare Angebote zu bauen, was den Prozess beschleunigen und die Preiskalkulation erleichtern sollte. Alles Teil meiner Bemühungen, wiederkehrende Arbeitsabläufe zu automatisieren und Reibungsverluste zu minimieren, um effektiver und energiesparender zu arbeiten.
Das Template wird am Abend gleich getestet, als ich für die Lieblingskundin ebenfalls ein Angebot schreiben muss. Der Preis, den mir das System ausrechnet, gefällt mir aber nicht so recht – ich muss noch ein Element einbauen für diese ganzen zeitraubenden Telefonate, Recherchen und Beratungen. Kunden sollen ruhig merken, dass das alles Zeit kostet, das kann nicht unbegrenzt inklusive sein.
Ein Uralt-Kunde will alle Rechnungen haben, die ich ihm jemals gestellt habe (haben die keine Buchhaltung bzw. Ablage?) – „wegen der Künstlersozialkasse“. WTF? Stellt sich raus, ein ahnungsloser Steuerberater, der neu engagiert wurde, kennt den Unterschied zwischen Webdesign und Webprogrammierung nicht, für den ist anscheinend alles, was mit der Erstellung von Websites zu tun hat, „Kunst“. Also kurze Aufklärung meinerseits, große Erleichterung beim Kunden – „Dann müssen wir nichts machen?“ –, kurze Irritation meinerseits, warum sie glauben, ich hätte Ihnen nicht mitgeteilt, wenn da Abgaben nötig gewesen wären, und dann das Ganze schnell abhaken. Nicht noch eine Baustelle bitte.
Nachmittags anderthalb Stunden am Angstprojekt und eine Stunde für die Lieblingskundin gearbeitet, dabei ein paar Folgen vom Filterbabbel-Podcast gehört. Gefällt mir sehr gut, auch wenn ich zugeben muss, stellenweise keine Ahnung gehabt zu haben, wovon die beiden reden.
In einer Folge bemerken sie, wie sehr sie sich als Menschen in den Dreißigern wegen unterschiedlicher Internet- und Mediensozialisation von Menschen in den Zwanzigern unterscheiden – wie sehr mag das erst für Menschen in den Fünfzigern gelten?! Internetaffin oder nicht, ich bin ja noch mit Schwarzweiß-Fernsehen groß geworden, und mit Basic als Programmiersprache und mit Modems, auf die man den Hörer des grauen Einheitstelefons legen musste, um sich mit einem BTX-Terminal zu verbinden… (Ja, ja, barfuß im Schnee in die Schule, jeden Tag 😉 )
Woran ich mich erinnern will:
PAUSEN machen!!!