10. Dezember 2020. Donnerstag. Sehr unruhige Nacht, was kein Wunder ist, denn ich hatte mir den Wecker gestellt, weil ich um neun los muss, um M. zu treffen. Zwar werde ich sowieso immer zwischen halb sieben und halb acht von alleine wach, aber ein auf sieben gestellter Wecker bedeutet natürlich, dass ich im Halbstundentakt aufwachen und nachschauen muss, ob es schon bald Zeit zum Aufstehen ist oder ich noch weiterschlafen kann.
Aufgestanden dann um zwanzig nach sechs. Irgendwo am Platz singt eine Amsel.
Kleinkram ereldigen, um neun los, zuerst zur Bank. Die wird gerade abgebaut: „Heute ist Schluss“ sagt ein Arbeiter. Wie, heute ist Schluss? Keine Mitteilung, kein Hinweis – „Die ziehen um.“ Ach so? Zum Glück nur etwa zweihundert Meter weiter um zwei Ecken, aber trotzdem: Eine Mitteilung irgendeiner Art wäre schön gewesen.
Mit M. in einen besonderen Schokoladen-Laden gegangen, die genau die zwei Sachen, wegen denen ich hingefahren bin, nicht haben. Eine Maschine sei im Sommer abgebrannt, jetzt gebe es das Produkt erst wieder im März. Und das andere bieten sie nur von Zeit zu Zeit an, und nein, man könne mir nicht sagen, wann das nächste Mal sei. Also kaufe ich eben Ersatzbefriedigung, Hauptsache Schokolade. Und eine Kleinigkeit für die Lieblingskundin.
Dann mit M., die wirklich extrem schlecht geht – gebückt, langsam, mit schlurfendem linken Fuß -, zurück zur U-Bahn und eine Station weiter gefaheren, um auf einer Parkbank draußen einen wirklich leckeren Kaffee vom nahen Coffee Shop zu trinken. Lockdown Light heißt ja vor allem, dass man sich beim Essen und Trinken bei winterlichen Temperaturen eine Nierenbecken- oder Lungenentzündung holt, nicht, dass man darauf verzichtet.
Auf dem Weg zum Bus einen Drogeriemarkt entdeckt, das spart M einen weiteren Weg, also Großeinkauf. „Ich will bis Jahresende nicht mehr raus“, sagt M., und ich frage mich kurz, welches Jahr sie meint, als sie drei Tuben Zahnpasta und 300 Teelichter einpackt.
Zum Breitscheidplatz, wir wollen uns „Weihnachtsmarkt light“ anschauen. Zehn Buden verteilen sich über den Platz, und es ist genauso uninteressant wie mit 100 Buden: Bratwurst, Lebkuchenherzen, Gebrannte Mandeln, Bratwurst, Churros, Lebkuchenherzen, Bratwurst. Es sind die üblichen Rummelplatz-Fressstände, „weihnachtlich“ dekoriert.
Wir verabschieden uns, M. geht Richtung U-Bahn, ich zum Bus und fahre die ganze Strecke mit dem Bus nach Kreuzberg. Sightseeing. Warm. Unanstrengend. Genau das richtige bei zwei Grad und grau.
Nachmittags eine Hilfestellung für die Lieblingskundin, ein telefonat mit dem Designer beim GroßenGrausigenProjekt – alle Aktivitäten wegen Überlastung der Kunden auf Januar verschoben -, ein paar Aktualisierungen auf verschiedenen Seiten, dann ein paar Rechnungen.
H. hatte mittags einen Fernwartungstermin und schläft den halben Nachmittag. Anscheinend erholt er sich aber langsam ein wenig, die diffusen Nervenschmerzen scheinen weg zu sein, es bleibt ein verspannter Nacken und ein allgemeines Erschöpfungsgefühl.
Abends zum Tagesausklang ein Gläschen Sekt, dann holen wir Essen in unserem Stammlokal: Ente mit Rotkohl und Klößen und Orangensoße, dazu einen Primitivo als Empfehlung des Kochs.
Wir schlemmen und genießen, und die Portionen sind so groß, dass wir die Hälfte für morgen aufheben können.
Und natürlich bleibt der Fernseher dabei aus.
Woran ich mich erinnern will:
Kleine sinnliche Freuden: ein geheizter Sitzplatz mit Aussicht, wenn es draußen kalt und ungemütlich ist. Direkt ohne Umsteigen nach Hause fahren und dabei unbedrängt schauen können. Nette Kontakte mit Zweckoptimismus statt Nölen und Jammern. Ein Gläschen zur Entspannung. Andere für sich kochen lassen. Ein wunderbares Essen.
What I did today that could matter a year from now:
In der Stadt unterwegs.
Eine mögliche Zusammenarbeit verabredet.
Was wichtig war:
Rausgehen.
Unter Menschen.
Realitätscheck.
Widersprechen.
Den längeren aber bequemeren Rückweg wählen.
Mir Zeit nehmen.
Zu Hause auswärts essen.
Begegnungsnotizen:
H (Haushaltsmitglied).
Bauleiter in der Bank (Abstand, er ohne, ich mit Maske).
M. (meist draußen, mit halbwegs Abstand, meist Maske)
Verkäufer:innen im Schokoladen, im Coffee Shop, im Drogeriemarkt (alle mit Abstand, alle ohne Maske; ich natürlich mit).
Mitfahrende in zwei Bussen und einer U-Bahn (alle mit Abstand und Maske).
H. außerdem noch mit dem Personal im Spätkauf und im Restaurant.