Anna denkt nach, Anna schreibt, Miniaturen

200 Shades of Grau wegatmen

9. Januar 2021. Samstag. Sehr schlecht geschlafen und wach um eins, um drei, um fünf und um sechs. Jedes mal lange wachgelegen und fieberartige Fantasien gehabt. Um acht aufgestanden, bis zehn im Bett gesessen, Kaffee getrunken und mit H. geplaudert: Über Vögel und über mögliche Wanderrouten rund ums Dorf, wenn wir in absehbarer Zeit und mit brauchbarem Wetter dort sein sollten.

Mein Kopf möchte nichts: Nicht schlafen, nicht denken, nichts tun. Nichts von den Dingen, die mir sonst immer Freude machen, reizt mich.

Wir gehen kurz raus, zum Paketshop und zum kleinen Supermarkt. Draußen ist es so grau wie in mir drinnen, und das Rausgehen verursacht nichts als Schmerzen im Fuß und in den Zähnen.
Immerhin: Der gestrige Kopfschmerz ist fast weg.

Ein Staurday Chicken (kein Check-In): Hand aufs Herz und Atmen für alles, was hart war diese Woche.

Für die Angst.
Für die geistige Lähmung. Die Lustlosigkeit. Für mein inneres Grau.
Für die vielen Überwindungen.
Für die Dinge und Menschen, die ich weggeschoben habe. Für alles, was zuviel war.
Für den schrecklichen Berliner Winter, der sich gerade von seiner miesesten Seite zeigt.
Für den Hass in vielen Menschen.
Für die Ungeduld und den Egoismus.

Atmen für die Erlaubnis anzuerkennen, dass die Dinge hart sind. Nicht ich zu schwach, faul, dumm, sondern: Die Dinge sind hart. Und es sind viele. Und es fällt mir im Moment schwer, damit umzugehen und sie wegzustecken.

Atmen für die Dinge, die schön waren und gut taten:

Für Normalität, Alltag.
Für Strukturen.
Für eine ausgestreckte Hand und für Support als ich ihn brauchte.
Für eine bodenständige Aufmunterung.
Für eine andere Perspektive.
Für meist erholsamen Nachtschlaf.
Für Robin.
Für ein frisch bezogenes Bett.

Atmen für die Erkenntnis, dass es natürlich immer beides gibt: Hartes und Weiches und Schweres und Leichtes und Trauriges und Fröhliches und Hilfe und Kraft und Licht.

Und Soulfood, denn um halb drei beschließe ich einfach: ich mache mir jetzt Nudeln mit Käse und Zwiebeln. Und zu meiner Überraschung will H. auch etwas davon, wir schieben also gegen drei ein Mittagessen ein und legen uns dann beide hin, und ich lese und döse und schlafe wohl auch bis halb sechs und er bis halb sieben.

Und komischerweise geht es mir danach besser, und es ist bereits hellgrau in mir, und ich bringe nicht nur die Kraft sondern sogar en bisschen Lust auf, es mir schön zu machen, und ich spüle das Geschirr und putze den Rosenkohl fürs Abendbrot.
Das es dann nicht geben wird, denn um halb acht beschließen wir, dass wir beide noch satt sind, und ohnehin hat keiner Lust zu kochen, also gibt es das geplante Schnitzel eben morgen.

Und ich denke ein wenig auf meiner Foto-Homepage herum, und H. versucht, nicht allzu sauer zu sein, weil er den ganzen Nachmittag verschlafen hat. Es wurde ja anscheinend noch gebraucht.

Auf ARTE ein paar Dokus zu archäologischen Themen, wie immer gut gemacht und interessant, und irgendwann knabbern wir dann noch jeder zwei Knäckebrote, und dann war es doch ein ganz brauchbarer Tag.

Woran ich mich erinnern will:
Ich habe die Techniken.

What I did today that could matter a year from now:
Rausgehen.

Was wichtig war:
Nachdenken.
Atmen.
Permission.
Loslassen.
Nett zu mir sein.

Begegnungsnotizen:
H (Haushaltsmitglied), dieser noch Mitarbeiter im Copy Shop/ Paketshop.
Kund:innen und Personal im kleinen Supermarkt.

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2 Gedanken zu “200 Shades of Grau wegatmen

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