Anna denkt nach, Anna schreibt, Miniaturen

Der siebente Tag in der Hölle: Betreuerin werden?

18. Januar 2021. Montag. Neuer Tag, neue Woche, neues Glück. Ich habe Angst vor dieser Woche, denn mir stehen viele Kontakte, viele Unwägbarkeiten, viel Anstrengung bevor. Die Krankenkassenfrage muss vorangetrieben und die Betreuungsfrage angegangen werden, es muss eventuell auch schon finanzielle Hilfe beantragt werden, so das möglich ist, Kundenanfragen müssen organisiert und beantwortet werden, und ich muss mich auch mal wieder um meine eigene Firma kümmern.

Das alles mit nach wie vor viel zu wenig Schlaf: Nachdem ich gestern vor dem Fernseher wieder kurz eingenickt war, lag ich nach dem Lichtausmachen zweieinhalb Stunden wach. Ich vertrieb mir die Zeit mit Atmen, Ausruhen und Lesen, aber das reicht ja nicht. Ich schlief dann zweieinhalb Stunden, lag wieder wach, dann nochmal anderthalb Stunden. Vier Stunden Schlaf bei dem aktuellen Arbeitspensum – wie lange soll ich das durchhalten? Immerhin blieb ich heute Morgen von 4:20 bis 5:10 noch im Bett liegen, um wenigstens langsam in den Tag zu kommen.

Angst und Adrenalin haben mich und meinen Körper immer noch fest im Griff: Ich spüre sie in der Magengrube, mir ist übel, ich zittere. Das gibt sich irgendwann im Laufe des Vormittags, wenn ich den Kopf genügend beschäftigen kann, dass er davon ablenkt.
Mal sehen, ob das etwas besser wird, wenn ich die aktuell wichtigen Dinge erledigt habe (Krankenversicherung, finanzielle Unterstützung für H., Betreuung).

M. hat nun Muffensausen, weil sie seit etwa einem Jahr bei der kleinsten Anstrengung schnauft und ich gesagt habe, dass das ebenfalls vom Herzen kommen kann. Sie bringt Atmung nur mit Lunge in Verbindung und glaubte, wenn sie das Rauchen reduziert, hört irgendwann auch das Schnaufen auf. Nun möchte sie zu einem Internisten und wir machen ein paar Anrufe. Morgen fahren wir zusammen in die Nähe ihrer Wohnung zu einer Ärztin.
Das wird für mich zwar eine unglaubliche Belastung (Zeit, Energie), aber ich will sie da jetzt nicht hängen lassen.

Nebenbei tatsächlich auch ein wenig gearbeitet: Informationen zum GroßenGrausigenProjekt an die Agentur, die nun erstmal die komplette Kommunikation übernehmen. Informationen einer anderen Kundin an die Lieblingskundin, die hoffentlich übernimmt. Ein paar Updates.

Einen Fernwartungstermin mit einem von H.s Kunden durchgeführt. Natürlich hatte morgens das Fernwartungsprogramm gehakt, denn wenn es schon dick kommt, geht immer noch was obendrauf.
Vor dem Termin hatte ich große Angst, weil ich total unsicher bin, ob ich das alles schaffe, aber es ging leidlich gut. Wir werden noch einen Termin haben, aber wir haben eine Idee, wie es gehen könnte.

Anruf einer Kundin von H., die einen neuen Telefon- und Internetanschluss bekommen hat. Kurze Überprüfung, ob alles läuft, wie es soll. Nicht wie es soll, aber es läuft. Für mich reicht das im Moment.

Abends ruft eine weitere Kundin von H. an. Sie ist Ärztin, ihr kann ich mal wieder die ganze Geschichte erzählen. Sie macht mir Mut. Im Moment begegne ich nur netten und hilfsbereiten Menschen.

Aber aus der Erfahrung weiß ich, dass die Nettigkeit nachlässt, wenn alles zu lange dauert, es keine dramatischen Entwicklungen mehr gibt, die erste Neugierde und Schauderlust befriedigt ist. Dann wird sich ausfiltern, wer wirklich bereit ist zu helfen: Mit Zeit, mit Energie, mit Geld.

Die Nachrichten aus dem Krankenhaus bleiben derweil vorsichtig positiv: Das Herz wird stärker, der Kreislauf ist stabil. Die Lunge ist noch ein Sorgenkind. „Wir sind mit allen Parametern im unteren Bereich, wir können also noch nachlegen“ sagt der Arzt, und daran halte ich mich fest.

Nachmittags lasse ich mich in Sachen ehrenamtliche rechtliche Betreuung beraten. Die Beraterin hat wenig Ahnung von unserer aktuellen Konstellation (Selbstständige, unverheiratet, keine vorhandenen Vollmachten, Verfügungen etc., der eine nicht krankenversichert) und machte mir an manchen Punkten dann doch recht große Angst. Andererseits hatte sie aber auch gute Tipps, wie ich schnellstmöglich die Betreuung übernehmen kann, um handlungsfähig zu sein.
Ich hoffe nur, das fällt mir nicht auf die Füße, weil das Krankenhaus dann sagt, dann müsse ich mich um die Krankenversicherung kümmern. Bisher habe ich mich darauf verlassen, dass das der Sozialdienst macht.

Und noch mehr Angst kann ich nun wirklich nicht brauchen.

Trotzdem das Fax ans Gericht geschickt mit der Bitte, mich als Betreuerin einzusetzen. Mit der Klinik gesprochen; die Ärzte wollen das unterstützen. H.s Schwester will morgen im Krankenhaus anrufen, sie drückt jetzt das schlechte Gewissen, als nächste Angehörige sich noch nicht gerührt zu haben. Auch sie will mich empfehlen.

Abends noch eine Stunde Arbeit für eine wichtige Kundin, dann langsam runterfahren.
M. macht zum Abendbrot Broccoli mit Kartoffeln und Käsesoße. Ich esse erstmals wieder eine fast „richtige“ Portion.

Woran ich mich erinnern will:
Gute Nachrichten aus dem Krankenhaus.

What I did today that could matter a year from now:
Antrag auf Bestellung als Betreuerin stellen.

Was wichtig war:
Etwas tun können.
Den Tag überstehen.
Lösungen finden.

Begegnungsnotizen:
M (aktuelles Haushaltsmitglied).


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