Anna denkt nach, Anna schreibt, Miniaturen

Nachtgedanken

15. Juni 2022. Mittwoch. 00:36 Uhr. Huch, bin ich doch eingeschlafen? Das Licht brennt noch. Der Fernseher läuft auch noch. Nee, ich stehe jetzt nicht auf, um ihn auszumachen, der müsste sich doch demnächst abschalten, warte mal, wann habe ich den angemacht? Kurz vor neun, oder? Nach vier Stunden schaltet der automatisch ab, ist das nicht bald soweit? Warte mal, neun. Zehn, elf, zwö…

Hä? Licht brennt. Kann nicht so spät sein. Wo ist denn die Uhr… 01:23 Uhr. Ah. Und was brummt da? Ach, siehst Du, der Fernseher ist aus. Jetzt summen nur noch die Boxen. Sollen sie, das ignoriere ich weg. Jetzt erst mal Licht ausmachen.
Shit. Jetzt bin ich wach. War ja klar, wenn’s dunkel und still ist, ist’s vorbei mit dem Schlafen. Mal sehen, ich dreh mich mal auf die andere Seite, vielleicht geht’s dann besser. Oh shit, nee, jetzt spüre ich meinen Herzschlag, das geht gar nicht. Ich probier’s mal auf dem Rücken. Rücken ist immer gut, die Hände auf dem Bauch, da schlafe ich bestimmt schnell ein. H. hat ja manchmal nachts im Bett gelegen und tierisches Herzklopfen gehabt, das hatte ihm regelrecht Angst gemacht. War aber immer nur, wenn er Stress hatte. Hatte ich Stress heute? Na ja, außer dass mein ganzes Leben Stress ist, war eigentlich nichts Besonderes. Und morgen? Was steht denn eigentlich morgen an? Was ist morgen überhaupt für ein Tag…

Huch! Was ist?! Ist was passiert?! Ach nee. Ich liege im Bett. Ist dunkel und ruhig. Hat mich was geweckt? Wieso habe ich so eine furchtbare Angst? War irgendwas? Steht mir morgen irgendwas Schlimmes bevor? Was ist denn?!
Mir fällt nichts ein, ist doch alles in Ordnung. Wie spät ist es überhaupt? 02:14 Uhr. War ich nicht eben erst wach? Warte mal, war irgendwas kurz nach eins, oder? Bin ich dann also doch wieder eingeschlafen. Was hatte ich vor dem Einschlafen gedacht? Hat mir da irgendwas Angst gemacht? Weiß nicht mehr, ist ja auch egal. Ich bin völlig nassgeschwitzt, das ist ja unangenehm. Was ist das denn für eine blödsinnige Angst? Angst wovor? Ist doch nix los…
Mist, jetzt muss ich auch noch aufs Klo. Aufstehen, och nee, habe ich überhaupt keinen Bock drauf. Vielleicht schlafe ich nochmal ein. Was hat K. da heute nochmal am Telefon erzählt? Dass die Spatzen durchs Fenster ins Zimmer hüpfen? Ich kenne ja die Wohnung nicht, aber wahrscheinlich steht sein Bäumchen ziemlich dicht am Fenster und da kommen die natürlich mal gucken, wenn es in der Wohnung ruhig ist. Und er kann ja nun gerade nicht viel herumspringen mit seinem lädierten Bein. Muss er nur aufpassen, die nicht zu erschrecken, nicht dass die auffliegen und dann in Panik im Zimmer herumflattern und das Fenster nicht mehr finden. Ist das jetzt eigentlich die Zeit, wo die jungen Fledermäuse unterwegs sind, oder ist das später? Ich weiß noch, wie mal eine durchs Küchenfenster reinkam, das war nachts offen, so wie jetzt…
Nee, geht gar nicht, ich muss jetzt doch mal aufstehen und aufs Klo, das nervt ja. Aber einschlafen kann ich jetzt eh nicht mehr, dann stehe ich mal auf und trinke einen Schluck Milch und dann geht’s wieder.
Autsch, wo bin ich denn da jetzt raufgetreten?! Ach, das Scheiß-Ladekabel, wieso liegt das hier im Weg? Das ist ein Chaos hier, ich hoffe, ich schaffe es bald, mich mal ernsthaft um die Wohnung zu kümmern. So, vorsichtig, jetzt bloß kein Licht machen, dann bin ich ja richtig wach. Oh, durch den Spion der Wohnungstür kommt Licht, wer ist denn jetzt noch unterwegs? Ist so gegen halb drei, oder? Ich habe gar keinen gehört. Wahrscheinlich einer im Hinterhaus, der kommt oder geht. So, Klo, gut.
Jetzt noch in die Küche tappen, das Licht im Treppenhaus brennt immer noch. Komisch, wenn ich abends hochgehe, geht es immer ganz schnell wieder aus. Hoffentlich steht hier nichts im Weg, ich taste mich lieber mal vorsichtig voran. Aber nee, alles gut. Kühlschrank auf, die Augen zukneifen gegen das Licht, sonst bin ich blind, wenn ich zurück ins Bett will. Milch, gut.
Zurück ins Schlafzimmer. Vorsichtig, hier liegt überall Zeug. Wenn ich mir jetzt noch den Zeh anrenne – so ähnlich ist das ja damals passiert als ich mir den kleinen Zeh angebrochen habe. Nicht aufgepasst, gegen eine Holzwand gerammt und das war’s. Das kann ich nun gar nicht brauchen, jetzt.
So, Bett, alles gut. Jetzt ist mir fast ein bisschen kühl, ich mummele mich richtig ein in die Decke. Versuch’s nochmal auf der linken Seite, jetzt geht das auch mit dem Herz. Wie war das jetzt mit K. und den Spatzen?
Oh nee, jetzt wird mir wieder heiß, was ist das denn für eine Scheiße?! Also schön, wieder weg mit der Decke. Nee, das ist dann doch zu kalt. Also halb zudecken. Ok. Aber auf der Seite geht’s nicht mehr, jetzt tut mir der Rücken weh. Andere Seite. Wo war ich? Ach ja, die Spatzen im Zimmer…

Hmm? Bin ich eingeschlafen? Muss wohl, ist ja schon grau, wie spät ist es denn? Oh, kurz nach vier, dann war ich ja richtig weg. Hab noch irgendwas gedacht – ach ja, mit K. und den Spatzen. Wieso denke ich sowas? Was gibt’s denn da zu denken? Aber das ging mir heute Nacht gar nicht aus dem Kopf. Jetzt ist es besser, jetzt wird es hell, jetzt kommen keine komischen Gedanken mehr, jetzt kann ich in Ruhe schlafen…

Ups, das blendet. Was ist denn das? Ach, der Sonnenstrahl, der morgens für zwei Minuten genau auf mein Gesicht fällt, reflektiert von einem Fenster im Haus gegenüber. An der Wand die Lichtflecken von meinem Fenster. Dann ist es jetzt schon Morgen, irgendwas kurz vor sechs. Mist, dann muss ich ja eigentlich aufstehen. Bin ich denn schon wach genug? Ich könnte schon, aber ich mag noch nicht. Wie spät ist es denn? 5:43 Uhr. Och, da kann ich noch einen Moment liegenbleiben. Steht denn heute was Wichtiges an? Ich muss dieses Projekt fertigmachen, aber das schaffe ich, ich bin gestern gut vorangekommen. Und nachmittags muss ich zur Galerie, da kommt eine größere Gruppe, für die muss ich Stühle und Bänke hinstellen. Ach ja, K. will heute vorbeikommen, er hat ein Beratungsgespräch. Alles unter Freunden, er meinte ja, es würde nicht stören, wenn ich nebenher schon mal aufbaue, aber ich weiß nicht. Besser ich fahre doch etwas später, dann können sie zum Ende kommen, während ich anfange. Dann wird es halt ein bisschen hektischer, aber es macht ja auch nichts, wenn die letzten Stühle kurz vor Eintreffen der Gruppe aufgestellt werden. Nur mit K. werde ich gar nicht groß sprechen können, das ist schade, wir haben uns vier Wochen nicht gesehen, nur ab und zu telefoniert. Na ja, nicht zu ändern. Vielleicht bleibt er ja auch die Stunde da und plaudert mit mir? Aber das glaube ich nicht, so groß wird sein Redebedarf nicht sein, und er will sein kaputtes Bein sicher lieber schnell nach Hause und aufs Sofa verfrachten. Wieso bin ich heute Nacht mit dieser Angst aufgewacht? Wann war das, um vier? Nee, früher, um zwei oder so. Jede Nacht derselbe Mist, entweder schrecke ich beim Einschlafen hoch oder mitten in der Nacht. Das sind irgendwie noch so Reste aus der ersten Zeit als H. noch im Krankenhaus war und ich jede Nacht Angstträume hatte und kaum geschlafen habe. Jetzt ist das wenigstens nur ein-, zweimal die Nacht. Aber trotzdem, muss das sein? Was arbeitet denn da noch in mir? Was ist das für eine Scheiß-Angst?

Oh, ich muss nochmal eingedöst sein, die Lichtflecken an der Wand sind weg. Wie spät ist es denn? 07:18 Uhr?! Scheiße, ist das spät, dann muss ich jetzt aber wirklich hoch. Mann, war das wieder eine Nacht, wie soll ich mich denn da erholen…?

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