3. Juli 2022. Sonntag. „Man muss Wünsche aussprechen, denn es gibt Menschen, die sind Wunscherfüller, und man weiß nie, was alles möglich ist.“ sagt die Kollegin in der Galerie zu einer Künstlerin, die gerade mit einem großen Problem hadert und nicht so recht weiter weiß.
Mir geht dieser Satz nach – er klingt so einfach, aber natürlich steckt mehr dahinter, zuallererst, dass man sich selbst über seine eigenen Wünsche klar wird. Dass man unterscheidet, was man wirklich will und was man meint, haben zu müssen. Was ureigene Bedürfnisse sind und was Konventionen oder Erwartungen anderer. Oft weiß man auch erstmal nur, was man nicht will, bevor man in der Lage ist, Ideen oder Visionen oder Wünsche zu formulieren.
Im Falle der Künstlerin war es relativ einfach: Sie braucht einen Brotjob und während der Arbeitszeit eine Betreuung für ihr Kind. Das sind konkrete Dinge, damit kann ich herumgehen, Leute ansprechen, Hilfen beantragen, Unterstützung suchen.
Die Schwierigkeit ist es, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse so zu formulieren, dass konkrete Handlungen, Veränderungen oder Dinge sichtbar werden, um die ich bitten kann: Ein Ort, wo ich zur Ruhe kommen und gärtnern kann. Mehr soziale Kontakte. Die Möglichkeit zu verreisen. Eine berufliche Umorientierung. Ein neuer Lebensgefährte. Mehr Zeit für xy.
Dann sollte man so vielen Menschen wie möglich von seinem Wunsch erzählen.
Und auf die Antworten hören.
Ideen sammeln.
Anregungen weiterverfolgen.
Selten bekommt man direkt die Lösung präsentiert. Der „Wunscherfüller“ ist nicht der Weihnachtsmann.
Aber man bekommt Anregungen, vielleicht den einen oder anderen Kontakt, eine Idee, wo man sich hinwenden kann, eine Telefonnummer, eine Internetadresse.
Und indem man seine Wünsche teilt, stellt man sie nochmal auf den Prüfstand. Es ist etwas anderes, ob ich mir etwas auf dem heimischen Sofa ausmale oder mit Menschen darüber spreche. Es wird plötzlich realer, von einer Fantasie zu einer Sache, die tatsächlich verwirklicht werden könnte.
Ich frage mich plötzlich ganz neu: Will ich das wirklich?
Man sollte neu nachdenken, wenn auf Vorschläge anderer Reaktionen aufpoppen wie: Das kann ich nicht. Das klappt doch sowieso nicht. Das ist mir zu anstrengend.
In diesen Fällen ist es vielleicht doch nicht der richtige Wunsch…