Anna denkt nach, Anna schreibt, Miniaturen

Kleiner Ausraster

5. April 2020. Sonntag. Aufgestanden um sieben, wobei ich dachte, es wäre sechs, weil ich eine Uhr am Bett hatte, die noch nicht umgestellt war. Als ich den Irrtum erkenne, knallt mir gleich der ganze Rhythmus und meine Morgenplanung durcheinander. Scheiß-Start.
H. hatte die Nacht durchgemacht, ich war jede Stunde wach und bin nun entsprechend unausgeruht. Gleich nach dem Aufwachen Gespräche mit dem trunkenen Mann und seinen assoziativen / wirren Gedanken (je nach Betrachtungsweise) zu führen, macht es auch nicht besser.

H. begleitet mich auf dem geplanten Sonntagsspaziergang, was dessen Zweck konterkariert: Zu mir kommen, die Welt wirken lassen, nachdenken, runterkommen. Stattdessen: Zuhören, reden, andere Route nehmen, vielen joggenden Menschen begegnen, die ich noch anstrengender finde als Spaziergänger, weil sie sich so unberechenbar bewegen und einen beim Vorüberrennen ankeuchen.
Am Ende zum etwas weiter entfernten aber besseren Bäcker, um Brötchen fürs Frühstück und Kuchen zum Kaffee zu holen.

Zu Hause ein klitzekleiner Zusammenbruch meinerseits mit Tränen und heftigen Vorwürfen. Es ist eine ungünstige Gemengelage aus Frustration, Überforderung und Müdigkeit, und die musste jetzt einfach mal raus.

Nach dem Frühstück führt H. ein längeres Kundentelefonat, bei dem sich herausstellt, dass die Arbeit an dem verkorksten Update abgebrochen wird und er heute also nicht daran weiterarbeiten wird. Ich mache währenddessen etwas Seelen-Wellness: duschen, was Kuscheliges anziehen, spielen.

H. legt sich dann – endlich! – mal hin, ich mache Kleinkram: eine Layout-Korrektur hier, eine Inhaltskorrektur da, dann ncoh eine Runde spielen, dann Osterpäckchen für die Eltern packen. Weil in meinem Kaufhaus die Oster-Süßigkeiten schon um 50% reduziert waren, hatte ich jede Menge „besondere“ Eier mit spannenden Füllungen gekauft, die normalerweise 0,75 – 1,20 pro Stück kosten (Heilemann, Niederegger, Reber & Konsorten). Die gibt es bei uns traditionell zu Ostern und als Kugeln zu Weihnachten, und man bekommt sie halt nicht an jeder Ecke, eigentlich nur im Kaufhaus. An ein Kaufhaus kommen die Eltern nun aber nicht ran, also bin ich für die Versorgung zuständig.

Ich mache endlich meine Monatsplanung für April, zumindest mal grob. Ich bin ein wenig ziellos im Moment, weil mir meine Planungen sowieso ständig über den Haufen geworfen werden, und ich fühle mich müde und überfordert. Wäre ich eine verantwortungsvolle Chefin, würde ich mir jetzt mal ein paar Tage frei geben. Stattdessen: Kaffee und Kuchen (je ein halbes Stück Bienenstich und Käse-Mohn), danach etwas Haushalt (Blumen gießen, Geschirr spülen) und noch ein Stündchen arbeiten: eine Checkliste basteln, das macht mir wenigstens Spaß.

Leider gibt zwischendurch das Internet auf, der Router startet nicht vernünftig neu, erst nach zwei, drei Versuchen läuft alles wieder, wie es soll, aber nun ist es Zeit Essen zu machen, also aus die Kiste und ab in die Küche.
Es gibt Merguez mit Salat und Pide.

Die Tagesschau dauert heute 30 Minuten und steht wie immer ganz im Zeichen von Corona. Das sind immerhin 15 Minuten Fakten mehr, und das ist mir in dieser Form viel lieber als ein „Brennpunkt“, wo doch immer nur erzählt wird, dass alles ganz schlimm ist, aber nichts Genaues weiß man nicht.

Woran ich mich erinnern will:
Die ersten Meter des Spaziergangs durch eine menschenleere Hauptstraße, die Sonne scheint, eine Amsel singt.

What I did today that could matter a year from now:
Rausgehen.
Menschen begegnen.
Nach Möglichkeit Abstand halten.
Checkliste bauen.

Was wichtig war:
Ruhig bleiben.
Rausgehen.
Brötchen holen.
Mich kurz aufregen aber mich auch schnell wieder beruhigen.
Gut essen.
Ruhe reinbringen.
Nachdenken.
Planen.
Kontrolle zurückerlangen.

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