26. Dezember. Mittwoch. Während der Elternbesuche an Weihnachten bin ich ja immer froh, wenn es Abend ist und ich wieder allein zu Hause bin. Es ist schon sehr anstrengend und bildet jedes Jahr den Abschluss einer Zeit großer beruflicher Anstrengung und Geldsorgen. Wenn ich dann am 26. darüber nachdenke, wie es wäre, wenn wir beide einfach mal allein Weihnachten feiern, erscheint mir der Gedanke aber nicht verlockend. Zumindest nicht, wenn Weihnachten dann hier in Berlin stattfinden würde. Es wäre wohl einfach ein „normaler“ Sonntag, mit Arbeit, vielleicht würde H. aufwändig kochen wollen, was dann mit den üblichen stressigen Begleiterscheinungen verbunden wäre, vielleicht würden wir auch einfach nur vor Erschöpfung kollabieren und „gar nichts“ machen.
Nein, ein Teil des „Erholungs“effekts von Weihnachten ist ja gerade, dass es so aus dem Alltag heraussticht: Dass die Wohnung geputzt und dekoriert wird, dass man sich vorbereitet, dass es diese kollektive Umtriebigkeit im Vorfeld gibt. Das unterscheidet Weihnachten ja auch von einem normalen Fest, etwa einer Geburtstagsfeier: Die gesamte Vorweihnachtszeit ist ein kollektives Erlebnis, dem sich keiner entziehen kann, denn selbst der Weihnachtsverweigerer ist Teil des Ganzen.
Insofern verbietet sich für mich die Idee, an Weihnachten „einfach nur“ frei zu machen. Es muss in irgendeiner Form besonders bleiben, herausragen aus den übrgen Festen des Jahres, denn nur so kann es letztendlich seine Wirkung entfalten als Jahresabschluss, als wirksame Unterbrechung des normalen Alltags, als Zeit der Rück- und Neubesinnung, als „Break„, als Bruch, als Pause, als Vollbremsung.
Insofern gibt es für mich nur zwei Szenarien, die für mich Weihnachten wirklich verlockend sind: Ein Fest mit vielen Menschen, Freunden, Bekannten, Verwandten oder ein Fest mit Fremden, irgendwo in einem Hotel, vielleicht in den Bergen, vielleicht im Schnee. Auf jeden Fall mit Menschen. So anstrengend sie mir sind, Weihnachten möchte ich von Menschen umgeben sein und mit ihnen gemeinsam essen, sprechen, erinnern, planen, lachen, weinen, schweigen.
Ab dem 26. ist dann für ein paar Tage Zeit, zu mir zu kommen, Ruhe zu finden, die aufgeräumte Wohnung zu genießen, leckere Sachen zu essen, ohne großartige Verpflichtungen und Termindruck die Tage nach Lust und Laune zu verbringen, die neuen Sachen anzuziehen, die neuen Bücher zu lesen, die neuen Geräte auszuprobieren. Pläne zu schmieden und Kraft zu sammeln für ein weiteres Jahr.
Aber Weihnachten selber muss es eine Vollbremsung geben, Weihnachten muss der Fernseher ausbleiben, Weihnachten muss alle Routinen durchbrechen, auch wenn es selber zur Routine geworden ist über die Jahre. Eine Routine der Alltagsunterbrechung, der Streitigkeiten, der Überanstrengung, der emotionalen Überfrachtung. Eine Routine des Zuviel von allem.
Ich möchte es nicht missen.
Und ich brauche es, um wirklich mit dem Jahr abzuschließen und ein neues beginnen zu können.